Im Potsdamer Filmmuseum ist am kommenden Freitag, 9.3., um 19 Uhr Ula Stöckl zu Gast und stellt die Geschichten vom Kübelkind vor. Bewusst wird dabei die die klassische Präsentationsform des Kneipenkinos gewählt. Hintergrund ist, dass Edgar Reitz und Ula Stöckl sich mit den Geschichten vom Kübelkind ganz bewusst von der kommerziellen Filmbranche, in der sie seinerzeit nicht Fuß fassen konnten, abgrenzen wollten, und mangels Verleih die Kurzfilme in einer Kneipe zeigten, wobei die Gäste a la carte zwischen den 22 Episoden wählen konnten.
Die Kübelkind-Filme brechen Tabus, verstoßen gegen Regeln und nehmen das Spießertum samt seiner überkommenen, von Katholizismus und verklemmter Triebhaftigkeit geprägten Moralvorstellungen aufs Korn. Sie halten der Gesellschaft einen Spiegel vor und legen die Finger in die Wunden des Bürgertums. Bereits 1971 bezeichnete Peter W. Jansen die Filme als „cineastische Revolution“, als vielfältigen und folgenreichen „Bruch mit dem Kino herkömmlicher Spielart“ (Die Zeit, 23.7.1971). Mehr über die Filme und damaligen Umstände finden Sie in meinem Bericht von der großen Edgar Reitz Werkschau 2018 in Nürnberg. Empfohlen sei in diesem Zusammenhang auch sehr Robert Fischers Dokumentation Der Film verlässt das Kino.
Ankündigungstext des Filmmuseums:
“Im “Kneipenkino” hat das Publikum die Wahl. Gezeigt wird, wonach am lautesten verlangt wird. Als Ula Stöckl und Edgar Reitz 1969 eine größere Summe Geld für einen Film zur Verfügung steht, sprengen sie die Regeln des klassischen Kinos: Die Geschichten, die sie haben und die zu viele für einen Langfilm sind, erzählen sie in einzelnen, unterschiedlich langen Episoden und besetzen alle Rollen mit ihren Freundinnen und Freunden.
Geschichten vom Kübelkind: Das Kübelkind kommt auf dem Hinterhof eines Krankenhauses zur Welt. Es macht, worauf es Lust hat. Es stellt Fragen, stiehlt, masturbiert, lernt, weigert sich, spielt, verführt, lacht, wird wütend. Es begegnet unterschiedlichsten historischen Figuren und den gesellschaftlichen Problemen der Gegenwart. Manchmal stirbt es, aber dann ist es wieder da.
Zu Gast: Ula Stöckl
Moderation: Johanne Hoppe (Filmmuseum Potsdam)”
Karten für die Veranstaltung können Sie hier bestellen.