
Aus den Händen des bekannten italienischen Regisseurs Nanni Moretti erhielt Edgar Reitz im Rahmen der 20. Auflage des Filmfest Rom am Sonntagnachmittag (19.10.) die Auszeichnung Master of Cinema. Moretti äußerte in seiner Laudation sichtlich bewegt: „Ich freue mich aus zwei Gründen, ihm diesen Preis zu überreichen: wegen seines wunderbaren Films Die Zweite Heimat, der im Cinema Sacher ein Publikum begeisterte wie nie zuvor, und weil Reitz zu jener Generation von Regisseuren der 1960er Jahre gehört, die die Gesellschaft und das Kino ihrer Vorgänger ablehnten und eine neue Art des Erzählens erfanden.“
Edgar Reitz bedankte sich für die Ehrung mit den Worten „Es ist eine schöne Auszeichnung, und ich freue mich, sie von Ihnen zu erhalten. Nach so vielen Jahren habe ich das Gefühl, dass sich ein Kreis geschlossen hat. Ich bin 93 Jahre alt, und vielleicht wird dies mein letzter Film sein.“
Einen kurzen Film von der Ehrung können Sie auf dem Instagram-Kanal des Filmfestivals sehen.
Im Anschluss wurde Leibniz – Chronik eines verschollenen Bildes aufgeführt. Reitz erzählte dazu:
„Zehn Jahre lang haben wir uns mit der Idee beschäftigt, eine europäische Geschichte zu erzählen, sind aber zu keinem Ergebnis gekommen, weil das Budget unmöglich zu stemmen war. Uns fehlte der richtige Ansatz, wir waren fast verzweifelt. Dann, eines Tages, als wir uns mit dem Co-Autor und dem Produzenten bei mir zu Hause trafen, kam plötzlich diese Idee mit dem Porträt von Leibniz auf, und von diesem Moment an habe ich mich monatelang dem Drehbuch gewidmet. Es war also ein sehr langer Prozess, der aus einer plötzlichen Eingebung entstand.“ Und diese Intuition hat es ermöglicht, ein Werk zu schaffen, das reich an Themen wie der Wahrheit des Bildes ist. „Was ich in diesem Film erzähle, ist eine Geschichte über das Kino. Es wird ein Porträt erstellt, und der Philosoph ist sich nicht sicher, ob ein Bild das Wesen einer Person offenbaren kann; dabei ist das Licht von entscheidender Bedeutung. Das Licht, das das Kino brauchte, um zu zeigen, wurde bereits im 18. Jahrhundert verwendet, man denke nur an die Werke von Caravaggio. Wir stellen fest, dass diese Methode von vielen Menschen im Kino nachgeahmt wird, das Licht im Barock ist ein Vorläufer der siebten Kunst. Wir Filmemacher setzen uns immer mit der Frage der Darstellung auseinander, denn Bilder sind nicht nur Zeugen der Realität, sie geben sie nicht getreu wieder. Wir leben in einer Zeit der Inflation und visuellen Überflutung mit Bildern, die keine Wahrheit mehr bewahren. Wir fragen uns vielmehr, wo die künstlerische Wahrheit liegt, und für mich ist das eine existenzielle Frage: Wenn wir darauf keine Antwort finden, wäre unser Beruf sinnlos. Und mit diesem Film wollte ich unseren Beruf verteidigen.“1
Fußnoten- https://www.sentieriselvaggi.it/roff-20-leibniz-incontro-con-edgar-reitz-e-il-cast/ [↩]